Somatic Experiencing


Unser Körper und das autonome Nervensystem
Aktivität und Ruhe, Forderung und Entlastung, Spannung und Nachgeben-beide Qualitäten sind in ihrem dynamischem Wechsel und Zusammenspiel die Basis für unsere Vitalität. Auch die natürlichen Rhythmen von Herzschlag und Atmung laufen nach diesem Prinzip ab und werden maßgeblich durch das autonome Nervensystem, auch bekannt unter Sympathikus und Parasympathikus, gesteuert. Wenn alles gut läuft, sind wir in herausfordernden Situationen fähig zu angepasster Reaktion und Leistung wie auch  Erholung. Wir fühlen uns eigen-mächtig und wohl in unserer Haut.

 

Trauma

Traumatische Erfahrungen können in Situationen entstehen, die subjektiv als massive Überforderung oder Überwältigung erlebt werden und uns mit einem Gefühl der Ohnmacht und Hilflosigkeit zurücklassen. In seinen Auswirkungen ist Trauma abhängig von Alter, Entwicklungsstand und ressourcierenden Quellen des Einzelnen. Körper und Nervensystem stellen bei Not auf einen Überlebensmodus um, der uns Schmerzlichstes ertragen lässt, Bewusstsein und Gedächtnis schränken sich hierbei ein. Um weiterleben zu können wird die traumatische Erfahrung abgespalten und bleibt als Körperwissen gespeichert.

 

Was kann als traumatisch erlebt werden?

Trauma kann von einem Moment auf den anderen geschehen. Beispielsweise durch Geburtstraumen (Mutter, Kind), drohendes Ersticken oder Ertrinken, physische Überfälle und Gewalt, Vergewaltigung, Verkehrs- und andere Unfälle. Chronische Traumatisierungen sind Vernachlässigung in der Kindheit, fortgesetzte psychische, körperliche und sexuelle Gewalt, Verlust einer wichtigen Bezugsperson sowie sozialer Ausschluss/mobbing. Den Auslösern ist gemein, dass wichtige Abwehr- und Schutzmechanismen situations- oder altersbedingt nicht zu Verfügung standen oder nicht ablaufen konnten.

 

Traumafolgen

Indem ein Teil von uns wie im Trauma steckenblieb, ist die Ich-Integrität beschädigt. Dies kann zu dysfunktionalem Vermeidungsverhalten und Gefühlen von Schuld und Scham führen. Früher oder Jahre später treten Symptome auf, die nicht unmittelbar mit den traumatischen Erfahrungen in Verbindung gebracht werden: Übererregung und -empfindlichkeit, Überwachsamkeit, Schlafstörungen, Energielosigkeit, Taubheitsgefühle, depressive Stimmung oder Überaktivität. Sie stehen mit der in unserem Organismus gespeicherten Erfahrung und der traumabedingten, verminderten Regulationsfähigkeit des autonomen Nervensystems in Zusammenhang.


Oftmals überlagern sich Ereignisse bis die Belastung nicht mehr kompensierbar ist und sich in akuter Angstsymptomatik, Depression oder Burn-out zeigt - verbunden mit der innerpsychischen Überzeugung „Ich kann nicht”. Wir haben weniger Zugriff auf unsere Lebendigkeit und wohltuende menschliche Kontakte und Tätigkeiten. Häufig erschöpfen wir uns in freudlosen und anstrengenden Beziehungen. Auch die Übertragung traumatischer Erfahrungen wie Krieg, Flucht und systemischer Gewalt aus vorangegangenen Generationen ist möglich.

Somatic Experiencing®

Somatic Experiencing® ist ein physio-und psychologisches Konzept zur Heilung von Trauma. Es setzt bei der Regulationsfähigkeit des autonomen Nervensystems und dem impliziten Körperwissen an- in dem tiefen Vertrauen, dass jeder Mensch hierbei sein eigener Meister ist. Die Therapeutin unterstützt durch fachliches Wissen, Erfahrung und Präsenz in Geist und Herz.

 

Erste therapeutische Schritte

Trauma bedeutet Verunsicherung und Desorientierung. Zu Anfang geht es darum, mehr Sicherheit und Orientierung zu gewinnen: im Außenraum, in der therapeutischen Beziehung und in den eigenen Wahrnehmungen. Wie fühlt sich eine angenehme Körperempfindung an? Kann ich dabei bleiben, meinen Atem spüren? Hab ich Boden unter den Füßen, was gibt mir Halt? Wir erkunden persönliche Kraftquellen und nutzen sie zur Selbstregulation. Erst von dieser sicheren Basis aus können traumatische Erfahrungen neu verhandelt werden.

 

Themenabhängiges Weitergehen

Langsam und dosiert wird im Verlauf des therapeutischen Prozesses die im autonomen Nervensystem gebundene hohe Energie entladen. Hierzu wird die Aufmerksamkeit immer wieder auf ablaufende innere Bilder und Worte, Körperwahrnehmungen und auftauchende Emotionen gelenkt sowie Bewegungsimpulse, die vollendet und vervollständigt werden.


Es kommt zur Wiederherstellung von biologisch angelegten Orientierungs-, Schutz- und Abwehrreaktionen sowie der Erfahrung von intakten körperlichen und psychoemotionalen Grenzen. Die sich oft in zwanghaft wiederholten Bildern oder Gedanken zeigende Traumageschichte steht dabei nicht im Mittelpunkt.

 

Was gewinne ich durch Somatic Experiencing®?

Mit Somatic Experiencing® werden schwierige und traumatische Ereignisse neu verhandelt und können integriert werden. Erlittenes kann nicht ungeschehen gemacht, jedoch zu einem sinnhaften Teil unseres Lebens werden. Nimmt die Regulationsfähigkeit zu, lassen psychoemotionale und körperliche Symptome oftmals nach oder verschwinden.


Gefühle von „Ich kann” werden häufiger, Beziehungsaufbau und -gestaltung leichter und friedlicher. Die eigene Resilienz und der Blick auf das Leben im Jetzt mit seinen Licht- und Schattenseiten werden weiter.